Schmitz, Heribert:
Straftaten gegen Religion und Weltanschauung - §§ 166-168 StGB
- Dissertation Köln 1982 -
Mit dem 1. StrRG v. 25.6.1969 wurden die §§ 166 ff. StGB durchgreifend umformuliert. Der Gesetzgeber wollte u.a. dem grundgesetzlichen Gebot einer Gleichbehandlung aller Glaubensbekenntnisse nachkommen. Dabei ging er von der - umstrittenen - Prämisse aus, daß die Religionsdelikte als Straftatbestände zu erhalten seien.
Ein Jahrzehnt nach der Gesetzesreform ließ sich ein Fazit über die Rechtswirklichkeit der neugestalteten Normen ziehen. Dabei stellte sich zunächst die Frage nach dem Rechtsgut der §§ 166 ff. StGB. Die einführende Darstellung der Religionsdelikte in ihrer geschichtlichen Entwicklung macht deutlich, daß ihre lange Geschichte durch die Suche nach dem Rechtsgut geprägt ist. Nachdem die bisher geschützten Rechtsgüter (Gott, Religion, Gefühl) bis auf den Friedensschutz alle mit der Zeit obsolet geworden waren, stellt eine im Vordringen befindliche Meinung bei allen Religionsdelikten auf die Eignung zur Gefährdung des öffentlichen Friedens ab. Dadurch wird indirekt doch wieder das religiöse Gefühl geschützt, obwohl Gefühlsschutz nicht Aufgabe des Strafrechts sein kann.
Im übrigen zeigt sich, daß in den Schutz der §§ 166 ff. StGB zwar formal auch die Weltanschauungsgemeinschaften einbezogen wurden; durch das filternde Merkmal der Eignung zur Friedensgefährdung bleibt der Schutz jedoch praktisch auf die großen Kirchen beschränkt und somit alles beim alten.
Objektiv kriminalpolitisch ist der Komplex der §§ 166 ff. StGB heute unbedeutend (dazu im Anhang Darstellung praktischer Fälle und Wiedergabe bei Erstellung der Dissertation aktueller statistischer Daten).
Insgesamt ergibt sich damit, daß ein rationales, nicht auf Gefühls-, sondern auf Rechtsgüterschutz abstellendes Strafrecht auf den Komplex der Religionsdelikte verzichten kann. Notwendiger Rechtsgüterschutz (z.B. hinsichtlich der unbefugten Wegnahme einer Leiche) läßt sich durch eine - schon seit der vorletzten Jahrhundertwende geforderte - "Säkularisierung" der entsprechenden Tatbestände gewährleisten.
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